SPD beschließt Antrag über Neuausrichtung von TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership)

Auf der letzten Kreisvorstandssitzung hat die SPD Eimsbüttel einen Antrag zur Neuausrichtung über ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU beschloßen und an den SPD-Landesparteitag überwiesen.

Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen

zwischen den USA und der EU neu ausrichten!

Die SPD Eimsbüttel beschließt zur Vorlage an den Landesvorstand und den Landesparteitag zur Weiterleitung an den Bundesvorstand, den Parteikonvent und/oder Bundesparteitag:

Die Bundestagsfraktion der SPD sowie die SPD-Fraktion im Europäischen Parlament werden aufgefordert, in den kommenden Konsultationen des EU-Handelskommissars folgende Position mit Nachdruck zu vertreten:

1.Die Staaten der europäischen Union und die USA sind Rechtsstaaten, deshalb gehört die Klärung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Konzernen und Staaten vor ordentliche Gerichte. Der beste Investitionsschutz beruht auf der Rechtsstaatlichkeit in Europa und den USA. Die Überlegungen, Regressforderungen von Konzernen gegenüber Staaten von nicht öffentlich tagenden Schiedsgerichten abschließend entscheiden zu lassen, werden abgelehnt.

2. Ein Vertrag über die Abtretung von Kompetenzen ordentlicher Gerichte an private  Schiedsgerichte wird entschieden abgelehnt. Nur unter dieser Voraussetzung sind die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen fortzuführen.

3.Eine Absenkung der Verbraucherschutz-, Umweltschutz-, Gesundheits- und Sozialstandards aufgrund des Abkommens wird abgelehnt. Sie sind zu erhalten und verbindlich zu vereinbaren.

4. Arbeitnehmerrechte gemäß den ILO-Beschlüssen müssen Bestandteil des Abkommens sein und dürfen nicht abgebaut werden.

5. Die Vertragstexte sind der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Begründung

Seit geraumer Zeit verhandeln USA und EU über die Transatlantic Trade and Investment Partnership, abgekürzt TTIP. Es ist ein Freihandelsabkommen in Form eines völkerrechtlichen Vertrages. Diese Verhandlungen sind ins Stocken geraten.

Kritisch daran ist zu sehen, dass die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Parlamente stattfinden, d. h. weder die nationalen Parlamente sind involviert noch das Europäische Parlament. Eine demokratische Kontrolle findet somit nicht statt. Einmal in Kraft getreten, wäre ein solches Abkommen kaum noch rückgängig zu machen, da dieses Einstimmigkeit der beteiligten Staaten verlangen würde. Problematisch ist auch, dass Umwelt-, Verbraucherschutz-, Sozial- und Gesundheitsstandards sowie Arbeitnehmerrechte untergraben werden sollen, da die “Harmonisierung” sich an den niedrigsten bzw. wirtschaftsfreundlichsten Standards orientieren soll.

Und es kommt hinzu, dass bei Verstößen gegen das Abkommen nicht öffentlich tagende private Schiedsgerichte über Entschädigungen für Unternehmen entscheiden werden. Diese Schiedsgerichte sind keiner nationalen Gesetzgebung und Kontrolle unterworfen. Ähnliches kennen wir bereits von Schiedsklagen etwa von Vattenfall gegen den Atomausstieg in Deutschland. Da dies vielfach kritisch gesehen wird, hat der Handelskommissar der EU de Gucht ein dreimonatiges Verhandlungsmoratorium verfügt, um die Frage der Rolle der Schiedsgerichte öffentlich zu diskutieren.

Würde TTIP in Kraft treten, könnten Unternehmen z. B. gegen Verbote von gentechnisch veränderten Lebensmitteln oder Fracking klagen und Entschädigungen verlangen.

Die EU wirbt dagegen für das Abkommen mit folgenden positiven Perspektiven: „Das Handels- und Investitionsaufkommen zwischen der EU und den USA soll durch die Mobilisierung der ungenutzten Potenziale des transatlantischen Marktes gesteigert werden. Das Abkommen soll für Beschäftigung und Wachstum sorgen, indem es den Zugang zum US-amerikanischen Markt erleichtert, die Kompatibilität der Regulierungsmaßnahmen der EU und den USA verbessert und den Weg zur Festlegung globaler Normen ebnet. Sollte ein derart ehrgeiziges Abkommen zustande kommen und vollumfänglich angewandt werden, wird das Einkommen eines durchschnittlichen europäischen Haushalts pro Jahr voraussichtlich um 545 EUR steigen. Außerdem dürfte das Bruttoinlandsprodukt der  gesamten EU um beachtliche 0,5 % bis 1 % (immerhin 119 Milliarden EUR) zulegen. Ganz konkret geht es darum, Zölle abzuschaffen und andere Beschränkungen des Warenhandels aufzuheben. Weitere Ziele sind die Liberalisierung kommerzieller Dienstleistungen, ferner ein optimaler Schutz und größtmögliche Sicherheit und Wettbewerbsgleichheit für europäische Investoren in den USA sowie ein besserer Zugang zu öffentlichen Aufträgen der USA.“

Tatsächlich umfasst der Entwurf des Abkommens alle Bereiche staatlicher Regulierung und Gesetzgebung, die die Interessen multinationaler Konzerne berühren, wie z.B. staatliche Beihilfen (Art. 3), Rekommunalisierung (Art. 14), Geistiges Eigentum, Insolvenzverfahren (Art. 15), Freizügigkeit für Personal von Investoren (Art. 24), Lizenzvergabe (Art. 30), Computerdienstleistungen (Art. 34), Post- und Curierdienstleistungen (Art. 35), Elektronische Kommunikation (Art. 40), Vergabe von Radiofrequenzen (Art. 42), Beteiligungen ausländischer Firmen (Art. 50), Finanzdienstleistungen, Bankgeschäfte (Art. 55), Datenverarbeitung (Art. 56), Seetransportdienste (Art. 61), Ausflaggungsregelungen, E- Commerce (Art. 63). Aufgaben der Kartellämter entfallen. Kurz: Es gibt kaum einen Bereich, der nicht unter das Abkommen fällt, damit der ordentlichen Gerichtsbarkeit entzogen und dem privaten Schiedsgericht unterstellt wird. Dies ist ein nicht hinnehmbarer Zustand.

Beschlossen vom Kreisvorstand am 19. März 2014

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